Besuch des Südpolteleskops
Nach den erfolgreichen Testmessungen gestern ist das Wetter heute für weitere Tests mit dem Lidar zu schlecht. Ich beschäftige mich mit der Software und schreibe ein neues Modul für CONSCAN für eine zweite Stabilisierungsschleife. Bei den bisherigen Tests stellten wir fest, dass sich unser Empfangsteleskop während des Abkühlens deutlich beweget. In der Station haben wir ungefähr 22°C. Wenn die Dachluke zu ist, wärmt sich das Teleskop auf. Wird die Luke geöffnet, dann dauert es gut einen halben Tag bis sich das Teleskop auf die Außentemperatur abgekühlt hat. Während des Abkühlens verbiegen sich das Teleskop und die Trägerstruktur leicht, was zur Folge hat, dass der Laserstrahl im Sichtfeld wandert. Wir haben zwar eine aktive Stabilisierung (CONSCAN), welche die Position des Laserstrahls mittels eines beweglichen Piezospiegels korrigiert. Wir stellten jedoch fest, dass der maximale Kippbereich des Spiegels nicht ganz ausreicht, um die Bewegung des Teleskops zu kompensieren. Nun benötigen wir eine zweite äußere Regelschleife, die einen weitern Laserspiegel mit einem größeren Kippbereich ansteuert. Dieser Spiegel kann nicht so schnell wie der andere bewegt werden, ist jedoch zur Kompensierung der langsamen thermischen Drift ausreichend. Es dauert den ganzen Tag die Ansteuerung des Spiegels und die Regelschleife zu implementieren, und die Software vor allem auch mittels einer Simulation zu testen.
Am späten Nachmittag nimmt uns Melanie mit zum Südpolteleskop. Melanie ist Datenanalystin und beschäftigt sich mit der Beobachtung von Galaxien und anderen astronomischen Objekten. Astronomie ist jedoch nur ein kleiner Teilbereich aus dem Aufgabenspektrum des Südpolteleskops. Ein Großteil der Beobachtungszeit des Radioteleskops wird für die Vermessung der kosmischen Hintergrundstrahlung im Millimeterwellenlängenbereich verwendet. Zu diesem Zweck wurde das Südpolteleskop auch 2006 gebaut.
Auf der linken Seite sieht man das Südpolteleskop und das zugehörige Betriebsgebäude
Die Rückseite des 10 Meter durchmessenden Parabolspiegels vom Kontrollraum aus gesehen
Das um zwei Achsen schwenkbare Teleskop besitzt einen Hauptspiegel mit 10 Meter Durchmesser und ruht auf einem eigenen Fundament tief unten im Eis. Dabei ist es gar nicht so einfach, eine stabile Basis zu schaffen. Einerseits bewegt sich das Eis mit allen Gebäuden darauf horizontal um etwa 10 Meter pro Jahr. Andererseits sinken alle Strukturen aufgrund ihres Gewichts im Eis mit der Zeit ein. Deshalb kommt jeden Sommer ein Vermessungstechniker und vermisst die aktuelle Lage aller Gebäude hier am Pol. Gefährlich wird es nämlich, wenn zum Beispiel die Stützen der Station unterschiedlich schnell sinken und es in der Folge zu Verbiegungen und Rissen kommt. Beim Abendessen erzählt uns der Techniker, dass seit 2019 die Station um gut 10 Zentimeter gesunken ist. Beim Südpolteleskop wird es ähnlich sein.
Melanie neben der Montierung des Teleskops
Alle Teile des Teleskops wurden mit LC130-Flugzeugen zum Pol geschafft. Daher konnten die Einzelteile nur maximal so groß wie der Rumpfdurchmesser des Flugzeugs sein und mussten dann vor Ort zu größeren Strukturen zusammengeschraubt werden. Wenn man sich diese massiven Strahlträger und Formteile anschaut, kommt da eine Menge Gewicht zusammen. Das müssen wohl in der Größenordnung 100 Transportflüge gewesen sein.
Christopher und Bernd auf dem Dach des Gebäudes
Auf dem Rückweg zur Station werden die Wolken dichter und der Horizont verschwimmt mit dem Eis. Für die Piloten der Basler und der Twin Otter wird es unter diesen Bedingungen sicher keine leichte Landung werden. Beide Flugzeuge flogen am Morgen zur Landestelle von SPIDER und sind nun auf dem Rückweg zum Pol. SPIDER ist ein großes Instrument, welches vor ein paar Wochen auf einem riesigen NASA-Ballon gestartet ist und den Pol einmal umrundete. Während des Fluges führte SPIDER ähnlich dem Südpolteleskop Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung durch. Bei fast 40 Kilometern Flughöhe hat SPIDER jedoch den Vorteil, dass mehr als 99 Prozent der Atmosphäre unter dem Instrument liegen und damit der störende Einfluss der Atmosphäre auf die Messungen sehr gering ist. Nach etwa zwei Wochen Flugzeug wurde das Ballongas abgelassen und das Instrument schwebte an einem Fallschirm hängend zurück zur Erdoberfläche. Da Ballone lediglich mit dem Wind driften und nicht gesteuert werden können, kann man den Landepunkt nur über den Zeitpunkt des Ablassens des Ballongases beeinflussen. In diesem Fall ist die Landestelle ein paar 100 Kilometer vom Pol entfernt und das Instrument muss mit Flugzeugen zuerst zum Pol und dann zurück nach McMurdo gebracht werden. Weil es als Ganzes für die Kabine der Flugzeuge zu groß ist, muss es noch an der Landestelle zunächst in Stücke gesägt werden – bei den tiefen Temperaturen und dem Wind sicherlich keine leichte Aufgabe. In drei Jahren, wenn unser Ballonexperiment fliegt, werden wir dann auch irgendwo auf dem Eis unser Experiment auseinandersägen müssen.
Auf dem Weg zurück zur Station