Ankunft in Christchurch
Wir verlassen München beinahe pünktlich, der Anschlussflug in Dubai hat jedoch Verspätung. In Sidney regnet es in Strömen als wir zum Auftanken aus dem Flugzeug gescheucht werden. Einmal ein Sprint raus durch die Sicherheitskontrolle und dann wieder gleich rein in dasselbe Flugzeug. Soweit der Plan, aber daraus wird nichts, denn wir haben Verspätung und bleiben länger am Boden. Ich rufe Emails ab und finde in der langen Liste von Nachrichten eine Nachricht von Diego. Es sind nur zwei Wörter, aber die haben es in sich: „See below“. Angefügt ist eine Mitteilung vom NSF Program Manager, in der er verkündet, dass das das GRIPS-Team den Starttermin von unserer B-SoLiTARe Mission in 2026 bekommt. GRIPS ist ein Ballon-Instrument zur Untersuchung von von der Sonne erzeugter Gammastrahlung und sollte eigentlich bereits nächstes Jahr starten. Wegen Problemen mit dem Detektor muss der Start nun jedoch verschoben werden. Während ich noch darüber nachdenke, was das nun für unsere Mission bedeutet, werden wir zum Einsteigen aufgerufen. Grübelnd packe ich den Laptop ein. Rutschen wir mit B-SoLiTARe ans Ende der Schlange oder ist das nun das Ende der Mission?
Als wir endlich in Christchurch ankommen, mehr als 30 Stunden nach dem Start in München, ist es schon beinahe wieder Abend. Mir tut alles weh von langem Sitzen im Flugzeug und ich bin hundemüde. Ich konnte in Flugzeugen noch nie schlafen. Zu meiner Überraschung finde ich mein Gepäck auf dem Gepäckband, beides, den Koffer und die Kiste mit den Teilen für das Lidar. Ich hatte schon damit gerechnet, dass die Kiste in der Sicherheitskontrolle in Dubai hängen bleibt. Auch die Einreise in Neuseeland klappt. Der Kontrolleur schaut in den Röntgenbildern nur nach Hinweisen nach Essbarem; seltsame Aluminiumplatten und Kabel interessieren ihn nicht.
Tori, eine Mitarbeiterin des United States Antarctic Program, wartet am Ausgang des Flughafens auf mich. Ich bin der einzige Neuankömmling heute, und wegen des Feiertags morgen sind bereits alle im Büro nach Hause gegangen, wie sie mir erzählt. Feiertag?! Das hatte ich nicht auf dem Schirm. Mein Plan war, dass ich morgen das Paket in der Frachtabteilung abgebe. Daraus wird nun nichts. Samstag und Sonntag ist die Warenannahme auch geschlossen; am Montag ist dann schon der Eisflug – wenn das Wetter mitspielt. Was nun? Tori reißt mich aus meinen Gedanken. „Ich habe ein Auto hier und kann dein Paket mit nach Hause nehmen. Ich habe zwar keinen Zugang zur Frachtabteilung, aber mir wir schon etwas einfallen, wie ich das Paket morgen dorthin bringe.“ „Das würdest du tun?“ Tori lächelt und sagt einen Satz, den ich nun in den USA bereits öfters gehört habe. „Wir sind dazu da, dass eure Wissenschaftsprojekte erfolgreich sind.“ Das ist es, sage ich in Gedanken. Hätten wir solche Unterstützung nur auch in Deutschland. Stattdessen müssen wir Wissenschaftler uns um alles selbst kümmern und für die Wissenschaft bleibt keine Zeit. „Geh du ins Hotel und schlafe aus. Ich melde mich dann morgen.“ Mit diesen Worten bringt Tori mich zum Super-Shuttle, welches mich in einer langen Schleife zum Hotel fährt. Mein Hotel ist das letzte auf der Strecke. Der Fahrer gibt sein bestes um die Fahrt in eine Sightseeing-Tour zu verwandeln, aber ich bin einfach zu müde.