Mein Arbeitsalltag auf der Station
So langsam setzt eine Arbeitsroutine ein. Ich stehe um 06:30 Uhr auf, frühstücke in der Kantine und bereite die Arbeit für den Tag vor. Der Satellit DSCS geht momentan um kurz nach 8 Uhr morgens auf (20 Uhr in Deutschland) und wir haben dann für etwa 10 Stunden Internet. Vorher läuft die Internetverbindung von 4-8 Uhr über den SPTR Satelliten (NASA TDRSS), aber die Bandbreite wird im Wesentlichen für die Übertragung von wissenschaftlichen Daten benutzt. Was danach noch übrig bleibt, reicht kaum um eine Text-Email zu versenden. Irgendwelche Seiten im Internet abzurufen ist die reinste Geduldprobe und den Aufwand normalerweise nicht wert. Also warte ich in der Regel auf den DSCS-Satelliten, bevor ich mit dem Abrufen und Beantworten der Emails anfange. Man kann dann auch mit dem Handy über Signal telefonieren, die Sprachqualität ist wegen Paketverluste jedoch sehr bescheiden und der Gesprächspartner oft schwer zu verstehen. Immerhin. Als ich vor 13 Jahren auf der Station Davis überwinterte, ging ein Telefonanruf nur über eine dedizierte Leitung über Satellit, die sehr teuer war. Auch in der Antarktis ist nun der Fortschritt angekommen. Leider liegt das Zeitfenster des DSCS-Satelliten derzeit ungünstig für die Kommunikation mit der Familie. Wenn der Satellit aufgeht, gehen die Kinder ins Bett. Es wird jedoch stetig besser, da die Satelliten jeden Tag 4 Minuten früher am Horizont erscheinen.
Um 12 Uhr mittags gehen Yucheng, Dominique und ich in die Kantine zum Mittagessen. Die Köche geben sich sehr viel Mühe, die Möglichkeiten sind jedoch begrenzt. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass wegen dem Ausfall der Flugzeuge nur sehr wenig frische Nahrungsmittel zur Station kommen. Es gibt sehr viel Fleisch, Reis und Nudeln, dazu Tiefkühlgemüse oder Dinge aus der Dose. Die Sachen eben, die man trocknen oder einfrieren kann, und die über Jahre haltbar sind.
Das Abendessen gibt es von 17-19 Uhr und unterscheidet sich in der Regel wenig vom Mittagessen: Fleisch, Reis oder Nudeln und dazu Tiefkühlgemüse. Aber es gibt jeden Tag mittags und abends Nachtisch in Form von frisch gebackenem Kuchen, Muffins oder Keksen. Alles natürlich amerikanisch und damit mit sehr viel Zucker. Ich kann mich aber nicht wirklich beschweren. Das Essen hier ist jedenfalls besser als in McMurdo.
Nach dem Abendessen gehe ich meistens nochmals für zwei Stunden ins Labor und schreibe Software oder erledige andere kleinere Dinge. Heute war es ein Kampf mit dem Labview FPGA-Code für die Elektronik unseres Lidar. Nach einer kleinen Änderung passten die Referenzen nicht mehr, und Labview hat sich standhaft geweigert, die Referenzen zu aktualisieren. Ich mag Labview nicht. Dieser ständige Kampf mit Dingen, die in anderen Programmiersprachen einfach selbstverständlich sind und funktionieren, kostet unnötig viele Nerven. Vor allem wenn man unter Zeitdruck steht.
Gegen 22 Uhr ist mein Arbeitstag zu Ende. Wenn das Wetter gut ist, mache ich dann meistens einen kurzen Spaziergang nach draußen und laufen einmal um die Station. Der Himmel zeigt Blautöne, die es nur hier gibt: von hellblau/weiß am Horizont bis fast schwarz im Zenit. Die Luft ist extrem klar, keine Spur von Aerosolen.
Wieder zurück in meinem Zimmer suche ich Bilder aus und schreibe ich die täglichen Berichte, die ich am nächsten Tag hochlade. Um Mitternacht gehe ich ins Bett.
Die silberne runde Struktur vor der Station ist die “Bierdose” – der Treppenschacht, der nach unten in die Eistunnel führt.
Die großen Schneeberge vor der Station sind Überbleibsel des letzten Winters. Sie werden im Laufe des Sommers abgetragen und auf Halden jenseits des Materiallagers verbracht.